Qualitativ hochwertige Zutaten machen den Unterschied
Im September fand in Lyon der Coupe du Monde de la Patisserie statt. MOF-Patissier Stephan Glacier blickt auf diese Veranstaltung zurück: "Wir kehren definitiv zu den Grundlagen zurück. Es wird wieder viel Wert auf Handwerk, Geschmack und Techniken gelegt, ein Trend, der mich sehr freut!"

Franzose Stephan Glacier ist Inhaber von Pâtisseries et Gourmandises und Trainer der französischen Mannschaft beim Coupe du Monde. Er stellt fest, dass bei den internationalen Konditorenwettbewerben der Schwerpunkt mittlerweile wieder auf Geschmack, Textur und Technik fällt. Das Interesse an künstlerischen Ausdrucksformen tritt dabei immer mehr in den Hintergrund. "In der Vergangenheit haben wir gesehen, dass Patissiers ausgebildet wurden, um zum Beispiel die erstaunlichsten Eisskulpturen zu fertigen. Aber man muss ja auch leckeres Eis und Gebäck präsentieren! Letztendlich geht es in unserem Beruf immer noch um klare Geschmacksrichtungen, interessante Kombinationen und schmackhafte Texturen".
Immer schwächere Aromen
Und genau in dieser handwerklichen Arbeit sieht Glacier eine große Herausforderung für seine Kollegen. "Siebzig Prozent der Konditoren in Frankreich kaufen tiefgekühlte Viennoiserie. Das bedeutet, dass sie vergessen haben, wie man ein Croissant oder ein Schokoladengebäck selbst herstellt. Das Ergebnis? Die Geschmäcker werden schwächer und die Produktpalette hebt sich nicht mehr ab, selbst wenn man sie mit Supermärkten vergleicht. Schließlich verwenden diese auch die gleichen Fertig- und Convenienceprodukte, nicht wahr? Aber die Supermärkte bieten diese Produkte sogar billiger an, haben längere Öffnungszeiten und backen mehrmals am Tag. Kein Wunder, dass die Bäcker den Kampf dann verlieren. Meine Croissants haben eine etwas andere Form und ein anderes Gewicht. Sie werden auf dem Ofenboden gebacken und mit meiner hausgemachten Praliné gefüllt. Das ist zwar ein bisschen teurer. Aber meine Kunden sind bereit, dafür zu zahlen: Sie schmecken den Unterschied."
Hauptsache Instagram-tauglich
Glacier sieht auch eine Kluft, die gerade in der Welt der Konditoren entsteht. Und das ist seiner Meinung nach kein positiver Trend. "Auf der einen Seite gibt es die klassisch ausgebildeten Konditoren, die ihr eigenes Geschäft betreiben. Auf der anderen Seite gibt es die Social-Media-Patissiers. Instagram-Stars, die genau wissen, wie ein Produkt aussehen muss, um Leute zu begeistern. Und sie sind genauso leidenschaftlich bei der Sache, wie ich es bin. Der große Unterschied ist, dass sie kein Gebäck auf Masse herstellen oder verkaufen müssen. Sie zeigen Bilder von einem einzigartigen Produkt und haben keine Ahnung, was es bedeutet, es wirklich profitabel herzustellen."
Zwang zur Automatisierung von Arbeitsschritten
Diese neue Entwicklung birgt ein Risiko für den Berufsstand. Das Risiko besteht darin, dass viele junge Menschen, die sich für Patisserie interessieren, vor allem auf Instagram durchstarten wollen. Sie sind weniger an Wettbewerben oder Titeln interessiert, sie wollen einfach nur etwas Schönes zeigen, und zwar sofort. "Wir sollten diesen Beruf nicht besser aussehen lassen, als er ist. Er ist körperlich anstrengend und erfordert viel Handarbeit. Viele junge Menschen kehren deshalb diesem Beruf den Rücken, manchmal sogar noch während der Ausbildung. Daraus folgt, dass es in der Produktion an Händen und Arbeitskräften mangelt und wir zunehmend gezwungen sind, zu automatisieren."
Handwerkskunst
Stephan Glacier will das Ruder herumreißen. Er möchte, dass mehr Schüler die Konditoreischulen besuchen, wo ihnen die wichtigen Grundlagen des Berufs vermittelt werden. "Handwerkliches Geschick wird den Unterschied ausmachen", sagt Glacier. "Um den Verbraucher von heute zu gewinnen, sollte so viel wie möglich selbstgemacht sein. Zitronenkuchen aus selbst gepressten Bio-Zitronen, deren Schale frisch gerieben und hinzugefügt wird. Apfelkuchen mit selbstgemachtem Kompott aus frisch geschälten Äpfeln. Frische Sahne, Butter statt Margarine und richtig dosierte echte Vanille. Die Verbraucher interessieren sich nicht nur für den Preis, wenn der Geschmack durch gute Zutaten überzeugt. Wenn Konditoren aber Zugeständnisse bei der Qualität oder dem Preis ihrer Rohstoffe machen, rutschen sie weiter ins Mittelfeld ab. In diesem Fall werden die Verbraucher dann anfangen, den Preis für ein und dasselbe Produkt zu vergleichen. Wenn jedoch die Qualität und der Geschmack hervorragend sind, sind die Kunden durchaus bereit, mehr zu bezahlen. Frische und ehrliche Zutaten werden immer den Unterschied ausmachen."