Ein Blick in die Zukunft mit Jean-Michel Perruchon

Der französische Konditor Jean-Michel Perruchon ist seit 1993 Direktor der Konditoreischule Bellouet Conseil in Paris, die er einige Jahre zuvor zusammen mit Bellouet gegründet hatte. Im Jahr 2006 wurde Perruchon mit dem prestigeträchtigen und lebenslangen Titel "Meilleur Ouvrier de France" (Bester Handwerker Frankreichs) ausgezeichnet. Er ist ein gefragter und allseits geschätzter Berater bei Fragen rund um das Konditorenhandwerk und hat mehr als zehn Bücher über sein Spezialgebiet geschrieben. Debic hat Perruchon im vergangenen Herbst auf der Sirha-Messe in Lyon getroffen und ihm folgenden Fragen gestellt.

Jean-Michel Perruchon

Wie ist Ihr Eindruck vom diesjährigen Coupe du Monde de la Pâtisserie (Weltmeisterschaft der Konditoren)?

"Alle Teams waren sehr gut auf ihre Teilnahme vorbereitet und wurden von den besten Trainern und Beratern unterstützt. Hinter den Kulissen waren Italien, Japan und Frankreich besonders beeindruckend. Die Ergebnisse dieses Jahr bestätigen dies noch einmal. Es ist schön zu sehen, dass die Regeln des Wettbewerbs an die Bedürfnisse unserer Zeit angepasst wurden. Ein Wettbewerb wie der Coupe du Monde muss sich weiterentwickeln: Die Themen ändern sich und deshalb müssen wir nicht verbissen an einem Konzept festhalten, das vor 25 Jahren entwickelt wurde. Professionelle Wettbewerbe müssen neu erfunden und umgestaltet werden. Sie müssen zukunftsorientiert sein."

Apropos Zukunft: Wie sehen Sie die Entwicklung des Berufsstandes des Konditors?

"Ich habe in dieser Hinsicht gemischte Gefühle. Ich sehe zwei Arten von Konditoren entstehen. Die eine Gruppe macht inspirierte Backwaren für ihre Kunden und Gäste: frisch, professionell und kreativ. Die andere Gruppe ist weniger authentisch und vor allem auf der Suche nach digitaler Sichtbarkeit. Sie streben danach, ein Star in den sozialen Medien zu werden."

 - photo 1968541 | Debic

Wie kann eine lokale Bäckerei zur Nachhaltigkeit beitragen? Oder ist das eher eine Angelegenheit der Industrie?

"Die Industrie wird durch das Handwerk inspiriert. Durch die handwerklichen Kreationen, Trends und Bräuche der Konditoren in ihren eigenen Geschäften oder Restaurants. Genau aus diesem Grund ist es sehr wichtig, dass jeder Konditor eine Reihe von Aspekten seines ökologischen Fußabdrucks berücksichtigt und mit saisonalen Produkten, einer kurzen Lieferkette und lokalen Zutaten arbeitet. Die Branche wird dann diesen Trends und Entscheidungen folgen und sie dadurch weiter stärken.

Glutenfrei, laktosefrei, vegan: Diese Begriffe sind nicht mehr auf den Bereich der Alternativen beschränkt. Wohin führt diese Entwicklung?

"All diese Einflüsse sind vorübergehender Natur. Sie sind Nischenprodukte, die kommen und gehen. Es wird immer dauerhafte Techniken, Visionen und Rezepte geben - und das ist auch wichtig. Aber man kann nicht alles machen. In unserem Fall haben wir nach dem Abklingen der verschiedenen von Ihnen genannten Trends ein veganes Sortiment entwickelt. Aber wie lange werden wir das noch anbieten? Das ist für mich noch eine große Frage."